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Floorball gilt als die schnellste Teamsportart der Welt. Geboren in den USA und weiterentwickelt in Schweden, wächst diese junge spezielle Hockey-Variante extrem schnell - auch in Deutschland und ganz besonders in Berlin und Brandenburg.

BAT-Trainer Kratochvil: „Wir müssen unsere Rechnung bezahlen“

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Mit Jan Kratochvil folgt nach Timo Krohnes Rückzug ein alter Bekannter als Chef-Trainer des Bundesliga-Teams. Vor der vergangenen Saison hatte er eigentlich sein Karriereende in der ersten Mannschaft verkündet. Nun will es Kratochvil noch einmal wissen und hat einiges vor, wie er im Interview verrät.

Interview: Tom Nebe

Jan, letztes Jahr erst das Karriereende, auch aus Zeitgründen. Nun willst du nach nur einem Jahr nicht nur Spieler, sondern auch noch Trainer sein. Hast du dir das gut überlegt? Jan Kratochvil: Überhaupt nicht, das war eine totale Kurzschlusshandlung.

Echt? Nein.

Also was jetzt? Ich hatte mir ja eine Auszeit genommen und bekam im Frühling eben wieder Lust, Liga zu spielen. Weil Timo aber nicht weitermacht, musste ein Neuer ran. Mit dem Alter wird man dünnhäutiger gegenüber schlechten Trainern. Ich konnte mir also nur vorstellen, unter einem Trainer aufzulaufen, der kompetent, sympathisch und gutaussehend ist. Und davon gibt es in Berlin im Augenblick halt nur einen.

Bescheidenheit zählte schon immer zu deinen Stärken. Reden wir über das Team: Es sind zahlreiche Abgänge zu verschmerzen, darunter Sebastian Saariokari, Caspar Friberg, Jussa-Matti Wright und Lars Brockmann. Wer soll die Lücken füllen? Manche Abgänge bedauere ich, aber eigentlich ist diese Situation die perfekte Gelegenheit unsere Rechnung zu bezahlen.

Wie meinst du das? Wir haben es jahrelang versäumt, den Nachwuchs, den es häppchenweise durchaus gab, in die erste Mannschaft zu führen. Meistens waren es einzelne Talente, niemand hat sich wirklich um sie gekümmert und viele Jungs sind deshalb abgesprungen. Jetzt haben wir gleich eine Gruppe an Junioren, die ihren Weg gegangen sind. Vom Nachwuchs über die zweite Mannschaft und jetzt in die Erste.

Steht also eine radikale Verjüngung an? Naja, sollte Marek Brincil nächstes Jahr noch spielen, dann bräuchte ich zwanzig Junioren, um den Schnitt unter 30 zu bekommen. Aber generell gesprochen: Die Sache ist die. Für ein oder vielleicht zwei Jahre haben wir noch die Gelegenheit, einen ausgewogenen Kader zu halten. Wir haben einen gesunden Kern im Alter zwischen 20 und 27, dazu erfahrene Kerle gut über dreißig. Wir haben gerade solide Bedingungen, junge Spieler in die Mannschaft zu integrieren. Und das müssen und werden wir auch tun. Auf allen Positionen.

Du bist der Spieler, der in der ewigen Scorerliste der 1. Bundesliga ganz oben steht. Wie willst du dafür sorgen, dass der Funke auf das Team überspringt und die Jungs endlich mal wieder häufiger das Tor treffen? Geh davon aus, dass dieser Funke längst an irgendeiner zwielichtigen tschechischen Tankstelle verloren gegangen ist.

Willst du das etwas spezifizieren? Nein, will ich nicht. Jedenfalls hat Timo herausragende Arbeit geleistet. Er hat den Kern des Kaders stabilisiert und ein nachhaltiges Spielsystem etabliert. Einige Sachen werde ich anders machen, aber ich bin froh, auf vielem aufbauen zu können. Ich will nicht mehr verraten, aber die Saison wird laufintensiv.

Und deshalb hast du dir mit Ingolf Spantig und Henrik Adolfsson gute Assistenten besorgt. Ich habe eher Glück gehabt. Ingolf habe ich vergangenes Jahr in der zweiten Mannschaft kennengelernt. Mit seinem breiten Erfahrungsschatz wird er mich hoffentlich während der Spiele entlasten können. Henrik war Fitness-Coach bei Falun und beim schwedischen Verband und hilft uns jetzt, das bitter nötige physische Fundament aufzubauen. Guter Mann. Gute Männer.

Du willst also noch spielen. Muss das sein? Ich würde gerne, aber im Augenblick bin ich unfassbar schlecht und langsam. Und über die Doppelrolle als Spielertrainer wird man auch nicht fitter. Das ist das Belastendste, was man sich antun kann. Ich hoffe, dass sich mit der Zeit jemanden findet, der die Aufgabe zum Teil oder sogar ganz übernimmt. Aber die Mannschaft zieht bislang hervorragend mit, ich denke also, wir sind auf Kurs.

Vergangene Woche hattest du gemeinsam mit der Abteilungsleitung einen offenen Brief  an die Berliner Verwaltung verfasst. Wie spielt dieses Problem in die Saisonvorbereitung ein? Erheblich. Ich denke, der Brief fasst die Situation gut zusammen. Für die erste Mannschaft sind das natürlich skurrile Umstände. Entweder wir haben keine Halle, oder eine, die viel zu klein ist. Als wir dann doch eine große Halle bekamen, wurde sie geschlossen, weil der Hausmeister langfristig erkrankt ist. Da denkst du, dass irgendwo gleich ein Kamerateam herausspringt und alles nur ein schlechter Scherz ist. Aber die Mannschaft lässt sich bislang nicht beirren. Außerdem haben wir jetzt die Aussicht, dass sich die Situation Mitte September ein wenig entspannt.

Du warst immer sehr ehrgeizig. Dein Saisonziel muss doch Meisterschaft heißen. Oder? Als ich meine Rolle mit dem Abteilungsvorstand absprechen wollte, hatte ich die Bedingung, dass ich Raum und Ruhe für einen sauberen Umbruch bekomme. Um eine neue Generation einbauen zu können, brauchst du Zeit. Auch wenn es uns am Ende der Saison zwei oder drei Tabellenplätze kostet oder wenn wir einfach nur die Klasse halten. Aber niemand wird im Kader sein, der nicht bundesligatauglich ist. Und wir werden gut vorbereitet sein, trotz aller Umstände und…

Mach’s kurz. Klar, Titel. Wer soll ihn denn sonst holen?

Foto: Andreas Schulz

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